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„Strategisch denken ist genauso weiblich wie intuitiv fühlen“: Dagmar Gruber über Wendepunkte, Werte und weibliche Führungsstärke

In unserer Serie „Hätt ich das bloß früher gewusst“ sprechen wir mit inspirierenden Frauen über prägende Erkenntnisse, kluge Karrieretipps und mutige Entscheidungen. Dieses Mal mit Dagmar Gruber, Leiterin Marketing bei den Quellenhof Luxury Resorts.

Alpin oder mediterran? Berggipfel oder Olivenhaine? Die Quellenhof Luxury Resorts vereinen beides – und stehen für Urlaub auf höchstem Niveau, egal ob in Südtirol oder am Gardasee. Mit einem klaren Blick für Marke, Zielgruppe und strategische Kommunikation prägt Dagmar Gruber den Markenauftritt der Quellenhof Häuser, der von Luxus-Entspannungsurlaub über Familienauszeit bis zum umfassenden Medical Center geht, maßgeblich. Im Gespräch mit ihr wird schnell klar: Luxushotellerie braucht mehr als exzellente Angebote: Nämlich Überzeugung, ein starkes Team und eine klare Haltung. In unserer Interviewreihe „Hätt ich das bloß früher gewusst“ erzählt sie, welche Momente ihre Karriere geprägt haben, warum KI heute ein echter Boost sein kann und wieso Perfektion nicht immer der beste Weg ist.

Was war Ihr persönlicher Game Changing Moment?

Wenn ich heute zurückblicke, dann war meine berufliche Laufbahn ein bewusster Wechsel zwischen verschiedenen Welten – jede davon mit wertvollen Erfahrungen und Erkenntnissen. Der Einstieg in die Unternehmensberatung hat mir erste Einblicke in die strategische Arbeit mit touristischen Betrieben gegeben. In der darauffolgenden Zeit in einer Full-Service-Marketingagentur konnte ich über viele Jahre hinweg unterschiedlichste Kunden – auch im Premium- und Luxussegment – strategisch begleiten, operativ betreuen und Markenprozesse aktiv mitgestalten. Diese Agenturzeit war für mich besonders prägend, weil ich dort ein tiefes Gespür dafür entwickelt habe, wie wichtig es ist, Marken nicht nur kreativ zu inszenieren, sondern vor allem strategisch zu denken, konsequent zu führen und (vor-) zu leben.

Der eigentliche Wendepunkt – mein persönlicher Game Changing Moment – war dann aber der Schritt raus aus der beratenden Rolle hinein in die Umsetzung: der Wechsel in eines der führenden Luxushotels Südtirols, den Quellenhof in Passeier bei Meran. Was damals noch ein einzelner Hotelbetrieb war, ist heute eine starke Marke mit drei individuell positionierten Luxusresorts an zwei Standorten. Jedes Haus mit eigenem Charakter, klarer Zielgruppenschärfung und einer einzigartigen Ausrichtung. Die Verantwortung für den Markenauftritt – nach außen wie nach innen – mitzutragen und täglich weiterzuentwickeln, hat meine Sichtweise nachhaltig verändert. Denn Marke ist nicht nur Kommunikation – sie ist Haltung, Identität, Anspruch. Sie lebt durch Konsequenz, durch Details, durch Menschen.

Besonders eindrücklich war für mich die Erkenntnis, wie entscheidend eine klar positionierte Marke im Luxussegment ist, gerade in einer Region wie Südtirol, wo auf engstem Raum eine Vielzahl an hochklassigen 5-Sterne-Betrieben um eine sehr anspruchsvolle Zielgruppe konkurriert. In einem solchen Umfeld braucht es weit mehr als ein schönes Produkt: Es geht um glaubwürdige Differenzierung, präzise definierte USPs, hochwertige Kommunikation, exzellente Qualität in allen Bereichen – und eine Marke, die konsistent geführt und klar erlebbar gemacht wird.

Und vor allem braucht es ein Team, das diesen Anspruch mitträgt. Mit top-qualifizierten, motivierten und langjährigen Mitarbeiter:innen, die unsere Werte nicht nur verstehen, sondern auch authentisch nach außen spiegeln. Denn wahre Exzellenz entsteht nur im Zusammenspiel – vom Hoteldirektor bis zur Küchenhilfe. Jede einzelne Rolle ist essenziell und verdient die gleiche Wertschätzung. Das ist für mich keine Floskel, sondern gelebte Überzeugung.

Was hätten Sie zu Beginn der Karriere gebraucht, was damals noch nicht vorhanden war, aber heute verfügbar ist?

Wenn ich heute auf meinen bisherigen Weg zurückdenke, dann kann ich mit großer Dankbarkeit sagen: Ich bin mit meinem Werdegang mehr als glücklich. Jeder Arbeitgeber hat mir vom ersten Tag an Vertrauen geschenkt, mir Raum für eigene Ideen gegeben und mir die Freiheit ermöglicht, mich fachlich wie persönlich zu entfalten. Das war – und ist – für mich die größte Form der Wertschätzung.

Wenn ich nun 17 Jahre zurückdenke, fehlt mir rückblickend eigentlich nichts Entscheidendes. Vielleicht moderne KI-Tools wie ChatGPT oder andere intelligente Anwendungen. Diese Tools sind heute eine große Unterstützung – nicht, weil sie Kreativität ersetzen, sondern weil sie das Arbeiten auf vielen Ebenen effizienter machen. Ob bei der Ideensammlung, für Recherchezwecke, als Inspirationsquelle für Textformulierungen, für schnelle Zusammenfassungen, Faktenchecks oder Übersetzungen – solche Tools sind heute wertvolle Sparringspartner, gerade im Marketing. Sie beschleunigen Prozesse, helfen beim Strukturieren und geben zusätzliche Impulse – und eröffnen damit neue Möglichkeiten, die ich heute nicht mehr missen möchte.

Damals haben wir vieles intuitiv und natürlich zu 100% in „Gehirn“-Eigenleistung gelöst – mit mehr Zeitaufwand, aber immer genauso viel Leidenschaft. Und genau diese Kombination aus Erfahrung, Haltung und neuen Werkzeugen macht die Arbeit heute besonders spannend.

Was hatte den größten Impact auf Ihre Laufbahn?

Was meine berufliche Entwicklung am meisten geprägt hat, war das Vertrauen, das mir von Beginn an entgegengebracht wurde. Jeder Arbeitgeber hat mir den Raum gegeben, eigenständig zu arbeiten, Verantwortung zu übernehmen – und damit auch zu wachsen. Gerade dieses Vertrauen hat mir ermöglicht, nicht nur Konzepte zu entwickeln, sondern sie auch umzusetzen und kontinuierlich dazuzulernen.

Bereits in meinem ersten Job nach dem Studium – als Junior-Consultant in einer Unternehmensberatung für Tourismusbetriebe – durfte ich eigenverantwortlich Hotelbetriebe in Südtirol begleiten. Das war rückblickend ein echtes Geschenk. Ich konnte früh Entscheidungen treffen, habe Fehler gemacht, daraus gelernt und so Schritt für Schritt ein unternehmerisches Denken entwickelt, das mich bis heute prägt. Diese Haltung – Dinge nicht nur kreativ zu gestalten, sondern auch unter dem Blickwinkel von Wirtschaftlichkeit, Qualitätsversprechen, Prozessoptimierung und Rentabilität zu bewerten – begleitet mich bis heute in meiner Rolle im strategischen Marketing. Besonders wertvoll war für mich dabei die Erfahrung auf beiden Seiten: in der Agenturwelt, wo ich viele Betriebe beraten und Markenprozesse mitgestaltet habe, und in der Luxushotellerie, wo ich nun im operativen Alltag Verantwortung trage und mit meinem Team die strategischen Weichen aktiv stelle.
Dieses Zusammenspiel aus unternehmerischer Freiheit, strategischer Tiefe und dem Vertrauen in meine Fähigkeiten hat meine berufliche Laufbahn nachhaltig beeinflusst – und dafür bin ich sehr dankbar.

In welchen Situationen denken Sie heute: „Hätte ich das bloß früher gewusst“?

Eine der wichtigsten Erkenntnisse, die ich im Laufe der Jahre gewonnen habe, ist: Perfektion ist nicht immer der beste Weg – kann mitunter sogar ein Stolperstein sein. Ich bin ein sehr qualitätsbewusster Mensch und habe seit je hohen Ansprüchen an mich selbst und meine eigene Arbeit gestellt. Dieser Anspruch begleitet mich bis heute – und ist zweifellos eine Stärke. Aber: Ich habe auch gelernt, dass Perfektionismus nicht immer zielführend ist. Gerade im Marketing, wo Geschwindigkeit, Relevanz und Timing oft entscheidend sind, kann ein zu starker Fokus auf das „perfekte Ergebnis“ dazu führen, dass man zu lange zögert oder Chancen verpasst. Heute weiß ich: Es ist wichtiger, aktiv und lösungsorientiert zu bleiben, statt alles bis ins kleinste Detail auszufeilen.

Durch die langjährige Erfahrung und auch durch die Begleitung und Einarbeitung neuer Kolleg:innen, Aufbau von neuen Teams – habe ich ein gutes Gespür für das richtige Maß entwickelt. Ein gesundes Gleichgewicht zwischen Qualitätsanspruch und Pragmatismus, das Raum für Dynamik lässt und trotzdem den eigenen Standards gerecht wird. Hätte ich dieses innere Gleichgewicht früher gefunden, hätte ich mir in manchen Situationen wohl selbst ein wenig Druck nehmen können.

Welche Rahmenbedingungen braucht es, damit mehr Frauen Führungspositionen erreichen und erfolgreicher als Unternehmerinnen werden?

Es braucht vor allem flexiblere Unternehmensstrukturen und eine offenere Haltung gegenüber neuen Arbeitsmodellen. Führung muss nicht zwangsläufig an klassische Präsenzkultur geknüpft sein – das hat uns spätestens die Pandemie sehr deutlich vor Augen geführt. Was es stattdessen braucht, ist eine Kultur des Vertrauens: Vertrauen in Leistung, in Selbstverantwortung und in das, was Menschen auch außerhalb starrer Arbeitszeiten bewegen können.

Führung in Teilzeit, Homeoffice-Möglichkeiten, eine ideale Vereinbarkeit von Job & Familie – all das sind keine Privilegien, sondern Voraussetzungen, wenn wir wollen, dass mehr Frauen dauerhaft in verantwortungsvolle Rollen hineinwachsen. Gleichzeitig braucht es gezielte Sichtbarkeit, Wertschätzung und Anerkennung weiblicher Leistungen. Denn oft sind Frauen genauso kompetent, genauso lösungsorientiert, genauso belastbar – aber eben weniger laut.

Gesellschaftlich gibt es da nach wie vor einiges nachzuholen. In vielen Bereichen stehen Frauen immer noch „hinten an“. Aber auch wir Frauen selbst dürfen ruhig öfter für uns einstehen, unsere Leistungen mit Selbstbewusstsein zeigen. Wir haben genauso viel auf dem Kasten wie die Männer – wir sind oft nur viel zu bescheiden.

Ihr persönlicher Rat an alle, die eine erfolgreiche Hotellerie-Karriere anstreben?

Mein persönlicher Rat: Bringt Flexibilität, Leidenschaft mit und eine gute Portion unternehmerisches Denken & Handeln. Wer in dieser Branche langfristig erfolgreich sein möchte, braucht beides: Herz und Kopf. Die Hotellerie ist ein emotionales Umfeld – voller Begegnungen, Dynamik und Intensität. Aber es ist genauso wichtig, das große Ganze zu sehen: wirtschaftlich zu denken, Qualität dauerhaft zu sichern, Prozesse zu verstehen und weiterzuentwickeln, und mit Weitblick zu agieren. So wie die Hotelexperience eines Gastes von Emotionen lebt, so lebt die Hotellerie von Passion & Leidenschaft der Mitarbeiter.
Steht für Eure Ideen ein – für das Projekt, für die Vision, für Euch selbst. Kämpft für das, woran Ihr glaubt, bringt Euch ein – mit Haltung, mit Überzeugung und mit Persönlichkeit. Wenn man wirklich für das brennt, was man tut, fühlt sich kein einziger Tag wie ein Arbeitstag an.

Und: Pflegt Eure Netzwerke. Immer. Die Kontakte, die man heute aufbaut, können morgen den Unterschied machen – fachlich, persönlich und manchmal auch ganz unverhofft.

Welche Maßnahmen setzen Sie aktiv, um Vielfalt und Chancengleichheit im Team zu fördern?

Vielfalt und Chancengleichheit entstehen nicht durch Absichtserklärungen – sie müssen gelebt werden. Bei uns in den Quellenhof Luxury Resorts legen wir großen Wert auf transparente Kommunikation, flexible Arbeitszeitmodelle, faire Entwicklungsmöglichkeiten und einen respektvollen Umgang auf Augenhöhe. Das gilt für alle Abteilungen – und ganz besonders auch in meinem Team.

Gerade im Marketingbereich sind bei uns Frauen deutlich in der Überzahl – irgendwie ist unser dieser Job in die Wiege gelegt – wie eine Berufung. Sie bringen Eigenschaften mit, die in unserer Arbeit unverzichtbar sind: Flexibilität, Feingefühl, Kommunikationsstärke, Geduld, Empathie und ein hohes Maß an Kreativität. Ebenso entscheidend ist die Fähigkeit eines 360° Projektmanagements – also die Kompetenz, unzählige Projekte gleichzeitig im Blick zu behalten, sie parallel zu koordinieren und dabei stets qualitativ hochwertig und fehlerfrei zu arbeiten. Es sind genau diese Qualitäten, die ein gutes Team ausmachen.
Was mir persönlich besonders am Herzen liegt: ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem sich jede:r mit den eigenen Stärken, Ideen und Perspektiven einbringen kann. Denn echte Teamarbeit entsteht dann, wenn Menschen nicht in ein Schema gepresst werden, sondern genau dort arbeiten dürfen, wo ihre Fähigkeiten und Talente am stärksten zum Tragen kommen. Jeder soll das tun können, was er oder sie richtig gut kann – mit Freude, Verantwortung und dem Gefühl, genau am richtigen Platz zu sein.

Was möchten Sie der nächsten Generation an Frauen im Marketing mitgeben?

Vertraut eurem Gefühl für Trends, Sprache und Wirkung – und traut euch, den Ton anzugeben. Marketing ist ein Feld, in dem Empathie und Kreativität nicht nur gefragt, sondern entscheidend sind. Nutzt diese Stärken – und vergesst nie, dass „strategisch denken“ genauso weiblich sein darf wie „intuitiv fühlen“.

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