Von einer die auszog, um Messe zu machen: Natascha Hoffner und ihr ganz persönlicher Kampf um die herCAREER.
Natascha Hoffner lässt keinen Zweifel aufkommen: die Frau ist Überzeugungstäterin – und ist mit ausgeprägten Kämpfer-DNA unterwegs. Aufgeben – so scheint es ihr auf die Stirn geschrieben – ist für die 40-jährige Unternehmerin keine Option. Und daraus macht sie kein Hehl. Vor rund sechs Jahren betrat Natascha Hoffner die Bühne mit einem neuen Format, einer Vision und letztendlich einem vielversprechenden Geschäftsmodell: dem Aufbau der Leitmesse für die weibliche Karriereplanung. Und Natascha Hoffner spart nicht mit ihren Ambitionen: „herCAREER – ist die einzige Karrieremesse in Europa, die alle Aspekte einer weiblichen und familiären Karriereplanung berücksichtigt“. Dass ihr Konzept aufging belegen eindrucksvoll die Zahlen, mit denen die vorerst letzte Ausgabe der Karrieremesse für „Absolventinnen, Frauen in Fach- und Führungspositionen und Existenzgründerinnen“ abgeschlossen wurde: im Herbst 2019 „pilgerten“ über 6.000 Frauen in die Münchner Messehalle mit dem Ziel, ihre Karriere voranzutreiben. Und im besten Sinne des Wortes zu Netzwerken.
Dann die bis dahin nie gekannte und für möglich gehaltene Vollbremsung ohne Vorankündigung: eine Messe in Zeiten der Pandemie – wer will das??? Da ist es wenig tröstlich, wenn frau sich mit ihrem Geschäftsmodell in „bester Gesellschaft“ befindet und Rund-um-den Globus das Klagelied in den Abgesang auf das globale Messe- und Kongressgeschäft eingestimmt wird. Und Natascha Hoffner? „Mir hat es den Boden unter den Füßen weggezogen“, gibt die Wahl-Münchnerin zu. „Auch wenn ich mir zwischendurch immer wieder die Tränen aus dem Gesicht wischen musste: Ich habe die Zeit genutzt, um mich und meine Firma neu zu erfinden – auch durch Abstand vom Business und neue Inspirationen. Ich bin meinem Mann sehr dankbar, dass er mich dabei immer wieder unterstützt und fast schon gezwungen hat, mir die nötigen Auszeiten zu nehmen. Denn es geht darum, die Kraft zu tanken, einmal mehr aufzustehen als hinzufallen.“
Ihr Credo zu Anfang des Neuen Jahres: die Transformation vom Messe-Event zur digitalen Plattform. Denn – so Natascha Hoffner – es geht um „mehr als das Geschlecht, sondern um Chancengleichheit.“ Die nächste herCAREER ist auf den Spätsommer 2021 verschoben – das ist fix: „Am 16. und 17. September 2021 sind wir mit der herCAREER wieder in München, dieses Mal in einer neuen Location, dem MOC. Hier können wir die Hygieneauflagen und Abstände besser einhalten als in der bisherigen Location, die wir zuletzt bereits voll ausgelastet hatten. Die Abendveranstaltung herCAREER@Night, die vor allem auf dem engen persönlichen Kontakt mit den Table Captains basiert und mehr als 400 Frauen in einem Raum zusammenbringt, soll es aus Sicherheitsgründen aber erst ab 2022 wieder geben.“
Für Natascha Hoffner war und ist die herCAREER auch schon vor Corona keine klassische Karrieremesse. „Auf unserem Weg vom klassischen Messeveranstalter hin zur Plattform für die weibliche Karriereplanung sind wir mit einigen digitalen Features schon einen Schritt weitergekommen. Diese Transformation darf man sich aber nicht so vorstellen, dass ich eines morgens erwachte und plötzlich den digitalen Schalter umlegen konnte. Diese Entwicklung hat sich von langer Hand angebahnt. Denn mit einer Karrieremesse bewege ich mich schon länger in einem gesättigten Markt. Mit der Digitalisierung steht die klassische Jobmesse nicht erst seit gestern auf dem Prüfstand. Ich bin mir sicher, dass es auch weiterhin „echte“ Events vor Ort geben wird. Deshalb beobachte und analysiere ich laufend das Verhalten und die Erwartungen von Ausstellern und Besucher:innen. In zahlreichen Gespräche in den vergangenen fünf Jahren habe ich viel dazu gelernt und eine Vision entwickelt, die ich Schritt für Schritt verfolge: Mit immer besseren Lösungen, um Chancengleichheit vorantreiben.“
Doch damit nicht genug. Für die Vernetzung und den Austausch rund um das Thema Gleichstellung, Diversity und Inclusion wartet Natascha Hoffner mit neuen Impulsen und Ideen auf. Ihr neuester Coup: den herCAREER-Jobmatch. „Damit bringen wir Jobsuchende und Arbeitgeber auf Basis eines wissenschaftlich fundierten Fragebogens und innovativer Matching-Technologie zusammen – ganzjährig und überregional. Recruiter und Führungskräfte sind immer in der Gefahr, Menschen danach zu beurteilen, ob sie ihnen ähnlich sind – der Thomas-Kreislauf lässt schön grüßen. Da der zugrundeliegende Matching-Algorithmus primär auf Kompetenzen der Kandidat:innen basiert, kann die Technologie dazu beitragen, unbewusste Vorurteile der Recruiter zu reduzieren.“ Und wie das funktioniert? Wer einen Jobwechsel in eine Fach- oder Führungsposition, den Berufseinstieg oder Quereinstieg anstrebt, kann sich kostenfrei auf www.herCAREER-Jobmatch.com registrieren. Dabei muss man keine Jobtitel herausfiltern, sondern lediglich das eigene Profil mit Kompetenzen und Soft Skills anlegen, auf deren Grundlage das Tool passende Jobs vorschlägt. Wie auf Dating-Plattformen kann man das eigene Profil aktivieren oder pausieren, falls man gerade keine berufliche Veränderung anstrebt.
Die Unternehmen beschreiben offene Stellen anhand eines Fragebogens, der Kriterien wie beispielsweise Karrierelevel, gesuchte Kompetenzen oder Standort enthält. Auf dieser Matching-Basis zeigt das Tool den Kandidat:innen potentielle Jobmatches. Erst wenn sie die Vorschläge annehmen, können Arbeitgeber ihr persönliches Profil mit den Übereinstimmungen, Kontaktmöglichkeiten, Lebenslauf und Referenzen einsehen.
Auch Unternehmen können sich kostenfrei registrieren – Kosten für den Service entstehen ihnen anders als bei klassischen Stellenanzeigen erst auf Basis der erfolgten Matches. Arbeitgeber bekommen über den Jobmatch Zugang zur Community der herCAREER, die online und offline über die Jahre stark gewachsen ist. Als Teil dieser Community können Arbeitgeber zeigen, dass sie sich für Gleichstellung einsetzen – ein Aspekt, auf den Bewerber:innen immer mehr Wert legen.
Und sonst noch? Natascha Hoffner scheint die gesellschaftlich verordnete Auszeit ganz offensichtlich für weitere ebenso außerordentliche Ideen genutzt zu haben: „Bereits in wenigen Wochen werden wir mit den herCAREER-Lunchdates ein neues Format aus der Taufe heben. Auch hierbei geht es um gezieltes Matching, das Ziel ist jedoch nicht die Jobsuche, sondern der Erfahrungsaustausch in der Community. Mit den Lunchdate wollen wir Teilnehmer:innen fachlich und persönlich zusammenbringen, damit sie voneinander lernen – virtuell oder bei einem persönlichen Treffen.“
Natascha Hoffner: „Unternehmertum und mein Engagement für Gleichstellung in der Arbeitswelt haben in meiner persönlichen Struktur vieles gemeinsam: Ich habe mich hier wie dort fürs Weitermachen und Weiterkämpfen entschieden. Mich trägt die Erkenntnis, dass ich mit meinem Veränderungswillen nicht alleine bin – hinter der herCAREER steht ein großes Netzwerk. Und dennoch, die Herausforderung ist so groß wie nie. Das gilt einmal mehr, wenn es um Veranstaltungen vor Ort geht. Deshalb ist es nun meine oberste Priorität, die Ideen und Prinzipien der herCAREER weiter digital zu verlängern und zu erweitern.