StartBusinessKarriereMehr Mut zur Macht

Mehr Mut zur Macht

Gabriele Strodl-Sollak plädiert im ersten Artikel ihrer insgesamt vierteiligen Serie zum Thema Macht für ein Reframing des Begriffs und ermutigt speziell Frauen ihre machtpolitischen Kompetenzen zu erweitern.

Sie wollen gerne gestalten? Sie wollen etwas bewirken? Sie wollen gerne mehr Verantwortung übernehmen? Okay. Das heißt Sie wollen mehr Macht. Damit ist die Katze aus dem Sack. Das böse Tabu-Wort ist gefallen: Macht. Oder bleiben wir doch lieber beim Begriff „wirksam sein“?

Die vielen negativen Assoziationen und Ausprägungen von Macht führen dazu, dass viele Menschen und ganz speziell Frauen vom Macht haben gar nichts mehr wissen wollen. Sie sehen zu viel Machtmissbrauch und setzen deshalb Macht mit Missbrauch gleich. Wenn jedoch die Wohlgesinnten von der Bühne der Macht und des Einflusses zurücktreten, freuen sich die Skrupellosen und haben ein noch einfacheres Spiel.

In meiner vierteiligen Serie „Machtfragen“ zeige ich auf, warum fachliche Kompetenz allein nicht reicht, um konstruktive Veränderungen zu bewirken und wie wir konkret unsere Einflusszone erweitern können.

Konstruktive Ideen und Konzepte zum Leben erwecken

Mit der Macht-Definition des Philosophen und Mathematikers Bertrand Russells kann ich gut: „Power may be defined as the production of intended effects” (Macht kann als das Hervorrufen beabsichtigter Wirkungen definiert werden.)

Wollen wir unsere Gesellschaft, Wirtschaft und Unternehmen mit unseren Ideen und Konzepte zum Besseren entwickeln, müssen wir zwangsläufig auch danach streben, mehr Macht und Einfluss zu bekommen. Ansonsten bleiben unsere Ideen wirkungslos und verstauben in der Schublade.

Denn selten setzt sich die bessere Idee von selbst durch. Sie braucht ein kommunikatives und machtpolitisches Transportmittel. Ein deutliches Beispiel dafür sind die Klimafragen – Wissenschaft und Ökonomie kennen seit Mitte des vorigen Jahrhunderts die Auswirkungen unseres Lebensstils und was als Gesellschaft getan werden müsste, um das international vereinbarte Pariser Klimaziel von 1,5 Grad zu erreichen. Doch dieses Wissen allein zeigt keine Wirkung, die machtpolitische Handlungsebene fehlt weitestgehend, gewinnt erst zögerlich an Terrain.

Machtspiele abzulehnen, reicht nicht

Wer meint – meist im moralisch überlegenen Brustton – mit „Machtspielen“ nichts zu tun haben zu wollen, lässt die bessere Idee ganz schön verloren wirken.

Interessensgruppen, die aktiv Machtinstrumente einsetzen, werden stattdessen ihre Anliegen durchbringen beziehungsweise andere blockieren.

Worauf ich hinaus will: Um zu verändern, zu bewahren, zu gestalten, brauchen wir Machtkompetenz.

In einem Seminar ließ unlängst eine zierliche und selbstbewusste Frau aufhorchen, als sie mit engelsgleichem Lächeln meinte: „Ich mag Macht. Damit kann ich unsere Unternehmenskultur formen.“

Und sie gab ein Beispiel, wie sie als HR-Leiterin ihre Gate-Keeper-Funktion wahrnimmt: „Ich verwalte das Unternehmensbudget für Weiterbildungen. Auch Teamklausuren fallen darunter. Manche Führungskräfte meinen, sie könnten unangenehme Teile der Führungsarbeit wie klärende Gespräche mit einzelnen Teammitgliedern, umgehen und auf diese Weise auslagern. Viel angenehmer ist es, zum Teambuilding-Workshop unter externer Begleitung einzuladen, um Konflikte vermeintlich zu lösen. Dafür gebe ich das Budget nicht frei, weil diese Methode in diesen Fällen falsch ist. Stattdessen arbeite ich mit ihnen an ihrer Führungskompetenz und sie lernen diese gefürchteten Gespräche selbst zu führen.“

3 wirksame Tipps für jene, die keine Naturtalente sind

Erstens: Positives Reframing des Machtbegriffs

Mikropolitische Kompetenzen werden selten gelehrt. Wer kein Naturtalent in Sachen Durchsetzungsfähigkeit ist, kann mit Reframing beginnen und Macht- und Einflussgewinn als etwas Erstrebenswertes bewerten.

Zweitens: Machttechniken entzaubern

Im beruflichen Alltag begegnen uns viele konstruktive und destruktive Techniken. Sie bewusst als das zu erkennen, was sie sind, ist ein guter zweiter Schritt.

Zu den Techniken gehören:

  • rational argumentieren
  • Begeisterungsreden
  • Dritte für das eigene Anliegen gewinnen
  • Flurfunk nutzen
  • bluffen
  • Verbündete suchen
  • sich ahnungslos geben
  • es sich mit niemanden verscherzen
  • Vertrauen aufbauen
  • schmeicheln
  • Netzwerke knüpfen
  • starke Koalitionen spalten
  • Schwäche vortäuschen
  • umgarnen, Beziehungen stärken
  • die persönliche Sichtbarkeit erhöhen
  • Mitstreiter:innen empowern
  • Pokerface
  • kalkulierter Wutanfall
  • Informationen bewusst dosieren sowie vorenthalten oder ausplaudern
  • überrumpeln
  • Anliegen und Forderungen laufend wiederholen
  • auf das Leitbild des Unternehmens verweisen
  • Macht von Vorgesetzen belehnen
  • Unterwerfungsgesten
  • solidarisch sein
  • appellieren
  • sympathisches Selbstmarketing …

Drittens: Machtpolitische Fachkompetenz aneignen

Wer eine souveräne Leaderin sein will, braucht über die fachliche Expertise hinaus auch machtpolitische Kompetenzen. Die US-amerikanische Aktivistin und Schriftstellerin (Die Farbe Lila) Alice Malsenior Walker sagt treffend: „Die meisten Menschen geben ihre Macht auf, indem sie denken, sie hätten keine.“

Die oben zitierte HR-Leiterin macht vor, wie es anders geht. Sie legt sich machtvoll quer, um Führungskräfte sinnvoll zu unterstützen und die Unternehmenskultur zu verbessern.

Mit dem entzauberten Machtbegriff bekommen Sie vielleicht doch Lust darauf, Ihr eigenes machtpolitisches Repertoire zu erweitern? Dann lesen Sie nächste Woche wie Sie unterschiedliche Interessen unter einen Hut bringen.


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