In Japan sind traditionelle Rollenbilder tief verwurzelt. Stereotype, klar definierte Geschlechterrollen und die Trennung zwischen Männern und Frauen prägen viele Bereiche des gesellschaftlichen Lebens. Zwar ist im Gesetz die Gleichstellung der Geschlechter verankert, doch die Realität sieht oft anders aus.
Gerade in der männlich dominierten Welt des Sushi-Handwerks haben es Frauen schwer. Der Beruf gilt als traditionell männlich, der soziale Druck ist hoch. Auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird für viele Frauen zur Hürde.
Oft werden sie davon abgehalten, Sushi-Meisterin zu werden – mit Argumenten, die auf längst überholten Mythen beruhen: etwa, dass Frauenhände zu warm seien oder Menstruation den Geschmackssinn verfälsche. Solche Glaubenssätze sind wissenschaftlich längst widerlegt – kulturell jedoch nach wie vor tief verankert.
Sie bricht ein Tabu – und schreibt Sushi-Geschichte
Chizuko Kimura, Sushi-Meisterin und Inhaberin von Sushi Shunei Paris, stellt sich gegen all diese Vorurteile. 2025 wird sie als erste Frau weltweit mit einem Michelin-Stern für ihr Sushi-Handwerk ausgezeichnet.
2004 kam sie nach Paris – ursprünglich, um als Reiseleiterin zu arbeiten. Dort lernte sie ihren späteren Ehemann Shunei Kimura kennen, einen erfahrenen Sushi-Meister, der sein Handwerk perfektionierte. Gemeinsam eröffneten sie 2021 das Restaurant Sushi Shunei.
Während Shunei die Rolle des Meisters übernahm, unterstützte ihn Chizuko in der Küche. Doch als er schwer an Krebs erkrankte, trat sie in seine Fußstapfen – ohne formale Ausbildung, allein durch jahrelanges Beobachten und Mitwirken an seiner Seite. Was andere über viele Jahre lernen, eignete sie sich in kürzester Zeit an.
2022 wurde Shunei mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet. Drei Jahre später erhält Chizuko dieselbe Ehre – diesmal in eigener Regie. Damit ist sie die erste Frau, die in der Welt des Sushi-Handwerks mit dem begehrten Stern geehrt wird.
Ihre Auszeichnung ist mehr als eine Würdigung ihres Könnens. Sie ist ein starkes Zeichen für Wandel – und ein historischer Moment für eine Branche, die lange nur Männern vorbehalten war.